Die Vorlesung geht der Frage der Verantwortung im Management von Unternehmen und anderen Organisationen anhand von konkreten Fallbeispielen sowie Grundlagentexten der ökonomischen und philosophischen Tradition nach.
Leitfragen
(1) Was ist Verantwortung, und wer ist verantwortlich?
(2) In welchem Verhältnis stehen ökonomisches und ethisches Handeln? Lässt sich das eine auf das andere zurückführen?
(3) Wie entscheidet man in Verantwortung? Nach welchen Kriterien oder Werten bestimmt und begründet man sein Handeln?
(4) Lässt sich Verantwortung institutionalisieren? Wie weit trägt ein Ansatz der „Corporate Responsibility“?
(5) Lässt sich Verantwortung an die Maschine delegieren? Welche Fragen stellen sich angesichts der Zunahme von KI in so gut wie allen Unternehmensprozessen?
Gliederung
A. Philosophische Grundlagen
- Die Frage des Trägers der Verantwortung: neuzeitliche Subjekttheorien
- Die Frage der Möglichkeit des freien Willens
- Die Grenzen von logischen Begründungssystemen
B. Ausgewählte moralphilosophische Ansätze
- Antike: Die Moralphilosophie als Teil der Staatslehre mit dem Ziel der individuellen und kollektiven Glückseligkeit
- Immanuel Kant: Der kategorische Imperativ und das Sollen als Faktum der Vernunft
- John Stuart Mill: Der Utilitarismus und die Moral als das Nützliche
- John Rawls: Gerechtigkeit als Fairness und die Verbindung von deontologischen und utilitaristischen Motiven über die Fiktion des Schleiers der Unwissenheit
- Jürgen Habermas: Die Diskursethik und die Sicherstellung eines gerechten Prozesses zur gesellschaftlichen Aushandlung geltender Moralvorschriften
C. Individuelle Verantwortung
- Gary Becker: „The economic way of looking at life“ – Das Subjekt als durchgängiger rationaler Nutzenmaximierer
- Emmanuel Levinas: „Ethik als erste Philosophie“ – Das Subjekt als Verantwortlichkeit für den anderen
D. Institutionelle Verantwortung
- Die Entfremdung des Unternehmers von seinem Unternehmen und die Entstehung des Managements
- Die Berle-Dodd-Debatte und Frage, wem das Management verantwortlich ist: den Stockholdern oder den Stakeholdern
- Milton Friedman und Alfred Rappaport: Die Ausrichtung des Unternehmens auf den Gewinn und den Shareholder Value
- Das Davos-Manifest 1974 und die jüngere Debatte um den Purpose (Larry Fink et. al.)
- Zwei (deutsche) Perspektiven zur „Wirtschaftsethik“: Josef Wieland und die Governanceethik vs. Karl Homann und die ökonomische Begründung moralischen Verhaltens
E. Künstliche Verantwortung
- Gilles Deleuze und Nick Land: Der Kapitalismus als Maschine und der Mensch als Hindernis in der steten Beschleunigung des Systems
- Das Entstehen der Superintelligenz (Nick Bostrom) oder der Mythos der künstlichen Intelligenz (Erik Larson)
- Hans Jonas und das Prinzip Verantwortung in einer von Technik dominierten Welt
F. Gedanken zum Schluss
- Die Unlösbarkeit der Frage der Verantwortung von der konkreten, leiblich verfassten, menschlichen Existenz
- Gutes Handeln als Handeln für den Anderen: Ökonomie als Lehre von der Optimierung meiner begrenzten Zeit im Einsatz für den Anderen
Fallbeispiele
- Korruption: Sollen / Dürfen sich Unternemen im Ausland an in Deutschland illegalen Praktiken beteiligen?
- Werbung für Kinder: Wie sind Freiheitsrechte von Unternehmern und Unternehmen gegen die Schutzbedürfnisse von Minderjährigen abzuwägen?
- Das Bahn-Unglück bei Eschede: Welche Reaktion des Managements der Bahn ist angemessen? Wie geht man mit Fehlern jenseits juristischer Schuld um?
- Versicherung oder Kredit abgelehnt: Welche Entscheidungen soll eine Maschine treffen?